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Mittwoch, 16. März 2016
PKK will Erdogan stürzen (Junge Welt 16.3.2016)
vagabund47, 21:22h
PKK will Erdogan stürzen
Tödliche Terrorhysterie
Parteichef Cemil Bayik kündigt Ausweitung des Krieges an. Festnahmen von Anwälten und Akademikern in der Türkei. Von Nick Brauns
Die belgische Polizei stürmt eine Wohnung und erschießt dabei einen Verdächtigen
Bei einer Großrazzia sind am Mittwoch in Istanbul und sieben weiteren Provinzen der Türkei Funktionäre der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP) sowie Rechtsanwälte festgenommen worden. Allein in Istanbul seien bei der Polizeioperation 20 Personen festgenommen worden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Unter ihnen seien neun Rechtsanwälte, teilte die Freiheitliche Anwaltsvereinigung (ÖHD) mit. Nach zwölf weiteren Juristen werde gefahndet. In der westtürkischen Stadt Manisa wurden die dortigen Vorsitzenden der HDP festgenommen. Die Aktion habe sich gegen mutmaßliche Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gerichtet, hieß es in staatlichen Me dien. Die Zahl der allein in dieser Woche unter PKK-Verdacht Festgenommenen stieg damit auf mehr als 250. Unter dem Vorwurf, Propaganda für die PKK zu betreiben, wurde am Dienstag auch der britische IT-Dozent Chris Stephenson von der Istanbuler Bilgi-Universität festgenommen. Stephenson soll Flugblätter mit einem Aufruf zur Teilnahme am kurdischen Neujahrsfest Newroz am 21. März verteilt haben. Seine Festnahme erfolgte, als Stephenson vor dem Istanbuler Polizeipräsidium seine Solidarität mit drei inhaftierten türkischen Wissenschaftlern zeigte. Die Hochschuldozenten wurden angeklagt, weil sie im Januar gemeinsam mit über 1.000 weiteren Akademikern einen Friedensappell gegen den Krieg in den kurdischen Landesteilen unterzeichnet hatten. Unterdessen forderte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eine Verschärfung des Strafrechts. »Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt
kein Unterschied«, erklärte Erdogan am Dienstag gegenüber Anadolu. »Nur weil jemand einen Titel wie Abgeordneter, Akademiker, Autor, Journalist oder Leiter einer Nichtregierungsorganisation trägt, ändert das nichts an der Tatsache, dass diese Person eigentlich ein Terrorist ist.« Passend dazu erklärte die beim Präsidialamt angesiedelte Generaldirektion für Medien die Presseausweise der Mitarbeiter der Tageszeitung Özgür Gündem für ungültig. Die schon zuvor staatlicher Repression ausgesetzten Journalisten dieser größten prokurdischen Tageszeitung sind damit bei ihrer Arbeit faktisch vogelfrei. Noch immer hat sich niemand zu dem Autobombenanschlag im Zentrum von Ankara bekannt, der am Sonntag mindestens 37 Menschenle
ben gefordert hatte. Nach Angaben des türkischen Innenministeriums soll es sich bei der Attentäterin um die 1992 im ostanatolischen Kars geborene Studentin Seher Cagla D. handeln. Die junge Frau habe sich 2013 der PKK angeschlossen und sei in Syrien von den dortigen Volksverteidigungseinheiten YPG militärisch ausgebildet worden. Auffällig ist, dass sich die PKK-Führung – anders als im Februar, als sie von der Regierung für einen Anschlag auf einen Militärkonvoi in Ankara mit 28 Toten verantwortlich gemacht wurde – bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert hat. Damals hatten sich die nach eigenen Angaben von der PKK abgespaltenen Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) zu dem Attentat bekannt. Während die HDP den jüngsten Anschlag in Ankara scharf verurteil
te, nährt ein am Dienstag von der britischen Tageszeitung The Times veröffentlichtes Interview mit dem ranghöchsten PKK-Führer Cemil Bayik Spekulationen über eine kurdische Täterschaft. Der »Krieg gegen das türkische Militär« sei aus den Bergen in die Städte vorgedrungen, »jetzt wird es überall Kämpfe geben«, erklärte Bayik in dem noch vor dem Anschlag geführten Gespräch. Die Menschen in den von der Armee niedergebrannten kurdischen Städten hätten die Guerilla aufgerufen, sie zu rächen. Hauptziel der PKK sei jetzt der Sturz Erdogans. »Unser Kampf ist existenziell, es geht um Sein oder Nichtsein. Wenn Erdogan uns besiegt, kann er jeden besiegen, der in der Türkei Demokratie will.«
Tödliche Terrorhysterie
Parteichef Cemil Bayik kündigt Ausweitung des Krieges an. Festnahmen von Anwälten und Akademikern in der Türkei. Von Nick Brauns
Die belgische Polizei stürmt eine Wohnung und erschießt dabei einen Verdächtigen
Bei einer Großrazzia sind am Mittwoch in Istanbul und sieben weiteren Provinzen der Türkei Funktionäre der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP) sowie Rechtsanwälte festgenommen worden. Allein in Istanbul seien bei der Polizeioperation 20 Personen festgenommen worden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Unter ihnen seien neun Rechtsanwälte, teilte die Freiheitliche Anwaltsvereinigung (ÖHD) mit. Nach zwölf weiteren Juristen werde gefahndet. In der westtürkischen Stadt Manisa wurden die dortigen Vorsitzenden der HDP festgenommen. Die Aktion habe sich gegen mutmaßliche Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gerichtet, hieß es in staatlichen Me dien. Die Zahl der allein in dieser Woche unter PKK-Verdacht Festgenommenen stieg damit auf mehr als 250. Unter dem Vorwurf, Propaganda für die PKK zu betreiben, wurde am Dienstag auch der britische IT-Dozent Chris Stephenson von der Istanbuler Bilgi-Universität festgenommen. Stephenson soll Flugblätter mit einem Aufruf zur Teilnahme am kurdischen Neujahrsfest Newroz am 21. März verteilt haben. Seine Festnahme erfolgte, als Stephenson vor dem Istanbuler Polizeipräsidium seine Solidarität mit drei inhaftierten türkischen Wissenschaftlern zeigte. Die Hochschuldozenten wurden angeklagt, weil sie im Januar gemeinsam mit über 1.000 weiteren Akademikern einen Friedensappell gegen den Krieg in den kurdischen Landesteilen unterzeichnet hatten. Unterdessen forderte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eine Verschärfung des Strafrechts. »Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt
kein Unterschied«, erklärte Erdogan am Dienstag gegenüber Anadolu. »Nur weil jemand einen Titel wie Abgeordneter, Akademiker, Autor, Journalist oder Leiter einer Nichtregierungsorganisation trägt, ändert das nichts an der Tatsache, dass diese Person eigentlich ein Terrorist ist.« Passend dazu erklärte die beim Präsidialamt angesiedelte Generaldirektion für Medien die Presseausweise der Mitarbeiter der Tageszeitung Özgür Gündem für ungültig. Die schon zuvor staatlicher Repression ausgesetzten Journalisten dieser größten prokurdischen Tageszeitung sind damit bei ihrer Arbeit faktisch vogelfrei. Noch immer hat sich niemand zu dem Autobombenanschlag im Zentrum von Ankara bekannt, der am Sonntag mindestens 37 Menschenle
ben gefordert hatte. Nach Angaben des türkischen Innenministeriums soll es sich bei der Attentäterin um die 1992 im ostanatolischen Kars geborene Studentin Seher Cagla D. handeln. Die junge Frau habe sich 2013 der PKK angeschlossen und sei in Syrien von den dortigen Volksverteidigungseinheiten YPG militärisch ausgebildet worden. Auffällig ist, dass sich die PKK-Führung – anders als im Februar, als sie von der Regierung für einen Anschlag auf einen Militärkonvoi in Ankara mit 28 Toten verantwortlich gemacht wurde – bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert hat. Damals hatten sich die nach eigenen Angaben von der PKK abgespaltenen Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) zu dem Attentat bekannt. Während die HDP den jüngsten Anschlag in Ankara scharf verurteil
te, nährt ein am Dienstag von der britischen Tageszeitung The Times veröffentlichtes Interview mit dem ranghöchsten PKK-Führer Cemil Bayik Spekulationen über eine kurdische Täterschaft. Der »Krieg gegen das türkische Militär« sei aus den Bergen in die Städte vorgedrungen, »jetzt wird es überall Kämpfe geben«, erklärte Bayik in dem noch vor dem Anschlag geführten Gespräch. Die Menschen in den von der Armee niedergebrannten kurdischen Städten hätten die Guerilla aufgerufen, sie zu rächen. Hauptziel der PKK sei jetzt der Sturz Erdogans. »Unser Kampf ist existenziell, es geht um Sein oder Nichtsein. Wenn Erdogan uns besiegt, kann er jeden besiegen, der in der Türkei Demokratie will.«
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